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Fachartikel > Wie Deadlines die Aufschieberitis verschlimmern können

Überraschende Erkenntnis zur Prokrastination – mehr Menschen erledigen eine Aufgabe schneller, wenn sie keine Deadline dafür haben.


Wer den eigenen Mitarbeitern eine Aufgabe überträgt, arbeitet in der Regel mit Deadlines: Bis zu diesem Termin muss die Sache erledigt sein. Jede Führungskraft macht aber immer wieder die leidvolle Erfahrung, dass die Aufgabe an dem vereinbarten Tag noch nicht erledigt ist. Sie wurde einfach immer weiter von einem Tag auf den nächsten verschoben. Der Fachmann spricht dann von Prokrastination, umgangssprachlich: Aufschieberitis.

Maroš Servátka, australischer Professor für Ökonomie, hat einen überraschenden Ansatz gefunden, um die Gefahr der Aufschieberitis zu verringern. Er lautet: Setzen Sie keine Deadline.1

Dazu hat er folgenden Versuch gestartet: Er lud 3.276 Menschen ein, an einer kurzen Online-Umfrage teilzunehmen. Für jeden Teilnehmer sollten 10 Dollar gespendet werden. Ein Drittel bekam eine einwöchige Deadline für die Abgabe des Fragebogens, das zweite Drittel eine einmonatige und das letzte Drittel gar keinen Termin für die späteste Abgabe. Ergebnis: Von den Teilnehmern mit der einmonatigen Deadline füllten die wenigsten den Fragebogen aus (5,5 Prozent). Bei der einwöchigen Deadline lag die Quote bei 6,6 Prozent. Die meisten Fragebögen kamen aus der Gruppe, die gar keine Deadline hatte, nämlich 8,3 Prozent. Und diese Gruppe war es auch, die am schnellsten reagierte: nämlich zum größten Teil innerhalb von 3 Tagen.

Erklärung des Forschers

Eine weit in der Zukunft liegende Deadline signalisiert: „Hier ist noch viel Zeit. Das ist jetzt nicht so dringend und wichtig.“ Die Folge: Je mehr Zeit es für eine Aufgabe gibt, desto größer die Gefahr, dass der Termin nicht eingehalten wird.

Hat eine Aufgabe keine Deadline, vermuten viele Menschen nicht etwa, dass die Aufgabe unwichtig wäre. Sie nehmen eher das Gegenteil an, nämlich dass diese Aufgabe besonders dringend sei und möglichst sofort erledigt werden sollte.

Was diese Erkenntnis für die Führung von Mitarbeitern bedeutet

Natürlich wäre es zu riskant, wichtige Aufgaben ganz ohne Termin und Deadline zu vergeben. Die Forschungsergebnisse geben Ihnen für die Führungspraxis jedoch wichtige Hinweise:

  • Je weiter eine Deadline in der Zukunft liegt, umso größer die Gefahr, dass sie nicht eingehalten wird. Arbeiten Sie also bei wichtigen Aufgaben mit möglichst kurzfristigen Terminen, die Wichtigkeit und Dringlichkeit signalisieren.
  • Kann eine Aufgabe nicht kurzfristig erledigt werden, weil sie mehr Zeit in Anspruch nimmt, setzen Sie die kurze Deadline für erste Teilschritte.

1 Quelle: „To Keep People from Procrastinating, Don’t Give Them a Deadline“ in: Harvard Business Review, September-October 2022.

Meine Anregung heute deshalb:
Wer bei Mitarbeitern das Aufschieben erlebt, tut deshalb gut daran, die ersten Schritte und das Anfangen zu belohnen und positiv zu unterstützen, damit der Mitarbeiter erlebt, dass die Aufgabe zu bewältigen ist.

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